Betreff
Aktualisierung des Mietspiegels der Stadt Aurich
Vorlage
21/178/1
Aktenzeichen
SG 14.1 / 942-04
Art
Beschlussvorlage
Referenzvorlage

Sachverhalt:

Die Stadt Aurich verfügt über einen einfachen Mietspiegel aus dem Jahr 2018, welcher im Auftrag der Stadt vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte Aurich des Landesamtes für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachen (LGLN) erstellt wurde. Der Mietspiegel bildet hierbei das örtliche Mietniveau ab und schafft damit eine Markttransparenz, die es den Mietparteien ermöglichen soll, die Miethöhe eigenverantwortlich zu vereinbaren. Der Mietspiegel dient hierbei lediglich als Orientierungshilfe. Weiterhin kann im Rahmen des gesetzlichen Mieterhöhungsverfahrens nach §§ 558, 558a BGB auf den Mietspiegel Bezug genommen werden, im Zuge dessen der Vermieter die Zustimmung des Mieters zu einer Erhöhung der vereinbarten Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen kann. Die im Zuge der Erstellung des Mietspiegels beim Gutachterausschuss gesammelten Mietwerte werden darüber hinaus vom Landkreis Aurich zur Festlegung der angemessenen Kosten der Unterkunft nach dem SGB II genutzt.

 

Grundlage für die Beauftragung durch die Stadt Aurich ist der § 558c Absatz 4 BGB, wonach die Gemeinden einen Mietspiegel erstellen sollen, wenn hierfür ein Bedürfnis besteht und dies mit vertretbarem Aufwand möglich ist. Mit Wirkung zum 01.07.2022 tritt das neue Gesetz zur Reform des Mietspiegelrechts (Mietspiegelreformgesetz - MsRG) in Kraft. Dieses sieht unter anderem vor, dass für Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern ein Mietspiegel zu erstellen ist. Für die Stadt Aurich mit weniger als 50.000 Einwohnern besteht damit weder aktuell noch ab dem 01.07.2022 eine Pflicht zur Erstellung eines Mietspiegels. Bei den bisherigen Mietspiegeln der Stadt Aurich handelte es sich jeweils um einfache Mietspiegel nach § 558c BGB und nicht um qualifizierte Mietspiegel nach § 558d BGB. Irgendeine Pflicht oder Empfehlung, statt eines einfachen Mietspiegels einen qualifizierten Mietspiegel zu erstellen, besteht nicht. Auch Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern haben ab dem 01.07.2022 weiterhin die Wahlfreiheit zwischen den genannten Varianten.

 

Ein qualifizierter Mietspiegel muss nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt werden. Während die höheren Anforderungen an Auswertung und Dokumentation auch bei den bisherigen einfachen Mietspiegeln der Stadt Aurich erfüllt wurden, wäre die Datenerhebung für einen qualifizierten Mietspiegel deutlich aufwendiger zu gestalten. So könnten die Daten nicht mehr bei den bekannten größeren Vermietern abgefragt werden, sondern es wäre eine repräsentative Stichprobe aus allen Mietverhältnissen im Stadtgebiet Aurich zu ziehen. Der damit verbundene Aufwand könnte u. a. aufgrund fehlender Personalkapazitäten nicht durch den Gutachterausschuss übernommen werden und würde folglich bei der Stadt anfallen. Nichts destotrotz wäre beim Gutachterausschuss aufgrund der umfassenderen Datenerhebung/-erfassung mit höheren Kosten zu rechnen. Auch müsste bereits nach zwei Jahren eine Anpassung an die Marktentwicklung erfolgen, um den Status des qualifizierten Mietspiegels als solchen aufrecht zu erhalten.

 

Ein qualifizierter Mietspiegel bietet höherwertigere und aussagekräftigere Daten. Er muss verpflichtend beim gesetzlichen Mieterhöhungsverfahren nach §§ 558, 558a BGB zumindest mit angegeben werden. Bei entsprechenden Prozessen wird vor Gericht widerlegbar vermutet, dass die Angaben die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben. Wird dies von den Prozessparteien bezweifelt, rückt damit auch der qualifizierte Mietspiegel in den Fokus der Gerichtsverhandlung. Im Zuge dessen droht sodann eine gerichtliche Überprüfung des Mietspiegels.

 

Die Interessenvertretungen der Mieter und Vermieter haben die einfachen Mietspiegel der Stadt in der Vergangenheit immer anstandslos anerkannt, wodurch eine breite Zustimmung zu den enthaltenen Werten nach außen dokumentiert werden konnte. Durch die höhere Beweiskraft/Bindungswirkung bei einem qualifizierten Mietspiegel dürften sich die jeweiligen Interessenvertreter bei einem solchen damit zumindest schwerer tun.

 

Aufgrund des deutlich höheren Aufwands bzw. der höheren Kosten und der auch mit einem qualifizierten Mietspiegel einhergehenden dargelegten Problemstellungen sollte auch weiterhin „nur“ ein einfacher Mietspiegel erstellt werden.

 

In der Sitzung des Jugend-, Sport- und Sozialausschusses vom 05.07.2021 wurde angeregt, den Mietspiegel aus 2018 erneut zu aktualisieren. In der Vergangenheit wurde der Mietspiegel im Abstand von jeweils 5 Jahren, zuletzt im Abstand von 4 Jahren zum vorherigen Mietspiegel aktualisiert. Es ist davon auszugehen, dass zwischen Beauftragung und Veröffentlichung des neuen Mietspiegels rund ein Jahr vergeht. Bei einer Aktualisierung zum jetzigen Zeitpunkt ist allerdings zu bedenken, dass durch das Mietspiegelreformgesetz ab dem 01.07.2022 nicht mehr die „Gemeinde“ für die Erstellung des Mietspiegels zuständig ist, sondern die „nach Landesrecht zuständige Behörde“. Wer diese nach Landesrecht zuständige Behörde sein wird, muss vom Landesgesetzgeber noch festgelegt werden. Da sich der Bundesrat im Vorfeld gegen diese Änderung ausgesprochen hat, ist denkbar, dass erneut die Zuständigkeit an die Gemeinden fällt.

 

Eine Aussage dazu, ob dies der Fall sein wird oder zu wann eine entsprechende Regelung seitens des Landes Niedersachsen erlassen wird, ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich. Es ist somit zu bedenken, dass zeitnahe eine abweichende Zuständigkeit gegeben sein könnte.