Sachverhalt:
Mit der Entscheidung über die Kreditaufnahme und die Zinsbindungsfrist hat die Gemeinde im klassischen Kredit keine weiteren Möglichkeiten, aktiv auf die Schuldendienstzahlungen für dieses Kreditgeschäft einzuwirken. Dies ist ihr erst nach Ablauf der Zinsbindungsfrist im Zuge von Verhandlungen über eine Umschuldung möglich. Bei langen Zinsbindungsfristen ist die Gemeinde für viele Jahre gebunden. Sie ist zwar damit haushaltswirtschaftlich gesichert, eine Auflösung bestehender Zinsbindungen zur Nutzung eines gesunkenen Zinsniveaus ist jedoch nur gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung an den Kreditgeber möglich. Vor diesem Hintergrund sind in den letzten Jahren auch für den kommunalen Bereich Zinssicherungsinstrumente zur Steuerung und Optimierung von Zinsausgaben entwickelt worden. Die Anwendung derartiger Instrumente im kommunalen Bereich ist ausschließlich im Zusammenhang mit bereits bestehenden oder durch Satzungsermächtigung neu aufzunehmenden Krediten zulässig.
Die Stadt Aurich beabsichtigt, durch eine kommunale Zinssteuerung und den Einsatz geeigneter Zinssicherungsinstrumente Zinsänderungsrisiken zu begrenzen (Zinssicherung) und den Zinsaufwand nachhaltig zu senken (Zinsoptimierung).
Zinssicherungsinstrumente sehen eine Trennung der Beschaffung der Liquidität mittels Kredit (Grundgeschäft) und der Zinsentscheidung vor. Eine solche Art der Zinssteuerung hat es bei der Stadt Aurich bisher noch nicht gegeben. Hierzu sind allerdings eine Beobachtung und Analyse der Geld- und Kapitalmärkte erforderlich.
Unterstützt wird die Verwaltung der Stadt Aurich durch eine maßgeschneiderte Zinssteuerungsberatung der MAGRAL AG, einem von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zugelassenen bankunabhängigen Finanzdienstleistungsinstitut mit Sitz in München. Die Tätigkeitsfelder der MAGRAL AG stellen sich wie folgt dar:
§ Die MAGRAL AG betrachtet und analysiert in regelmäßigen Zeitabständen das Darlehensportfolio der Kommune und erstellt eine detaillierte Auswertung darüber, wie sich die Zinszahlungen der Stadt Aurich entwickeln.
§ Die Funktionsweise von Zinssicherungsinstrumenten und deren Einsatzmöglichkeiten in der Zinssteuerung werden anschließend durch die MAGRAL AG ausführlich erläutert und dargestellt.
§ Ziel der Zinssteuerung der MAGRAL AG ist stets die Risikoabsicherung. Durch die Anpassung der gegebenen Zinsbindungsstruktur an die aktuelle Zinsstrukturkurve/Zinsmeinung werden in allen betrachteten Zinsszenarien innerhalb eines überschaubaren Zeitraums (ein bis zwei Jahre) Kosteneinsparungen erzielt und Risiken abgesichert:
o bei konstanten Zinsen
o bei steigenden Zinsen (+2%)
o bei stark steigenden Zinsen (+4%)
o bei sinkenden Zinsen (-0,5%)
§ Die Entwicklung der eingesetzten Zinssicherungsinstrumente und die eingesparten Zinsbeträge werden durch die MAGRAL AG kontinuierlich überwacht und dokumentiert.
§ Die Geschäftsbeziehungen zur Hausbank oder zu anderen Kreditgebern werden nicht berührt und beeinträchtigt.
§ Die MAGRAL AG unterstützt die Kommune bei dem Abschluss der Zinsverträge und übernimmt einen großen Teil der Kontroll- und Verwaltungstätigkeiten in der Zinssteuerung.
§ In der Zinssteuerung der MAGRAL AG kommen ausschließlich bewährte und einfach nachvollziehbare Zinssicherungsinstrumente wie zum Beispiel Zinstauschverträge (Swaps) und Zinsbegrenzungsinstrumente (Caps) zum Einsatz. Komplexe und schwer verständliche Zinsverträge werden nicht verwendet.
Definition
Zinstauschvertrag (Swap)
Ein Swap ist eine vertragliche Vereinbarung zweier Partner, für einen bestimmten Zeitraum in Bezug auf einen bestimmten Kapitalbetrag die darauf entfallenden Zinszahlungsströme zu tauschen. Der Zinsswap erlaubt den Tausch fester Zinsen gegen variable Zinsen und umgekehrt. Ein fest verzinsliches Darlehen kann so in Verbindung mit einem Zinsswap während der Zinsfestschreibung in ein variables Darlehen gewandelt werden. Umgekehrt kann ein variables Darlehen, mit einem Zinsswap kombiniert, festverzinslich gestaltet werden.
Definition
Zinsbegrenzungsinstrument (Cap)
Der Cap ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen zwei Partnern über eine Zinsobergrenze. Gegen Zahlung einer Prämie garantiert die Bank eine bestimmte Zinsobergrenze für einen zu vereinbarenden Referenzzinssatz (EURIBOR). Wenn der Referenzzinssatz über der Zinsobergrenze liegt, erhält die Kommune die Differenz als Ausgleichsleistung. Auf diese Weise kann sich der Kreditnehmer den Vorteil niedriger variabler Zinsen sichern und sich zugleich gegen Zinssteigerungen absichern.
Vertreter der MAGRAL AG werden in der Sitzung des Finanz-, Personal-, Rechnungsprüfungs-, Feuerwehr- und Beteiligungsausschusses anwesend sein, um die mögliche Zusammenarbeit detailliert darzustellen und für Fragen zur Verfügung zu stehen. Bei MAGRAL AG handelt es sich um ein renommiertes Unternehmen, das der Stadt Aurich seit vielen Jahren bekannt ist. Die Partnerschaft mit der MAGRAL AG soll dazu dienen, ein aktives Zins- und Schuldenmanagement einzuführen und die entsprechenden Fachkenntnisse in der Verwaltung aufzubauen. Der Krediterlass fordert, dass bei einer Inanspruchnahme von Beratungsleistungen beim Einsatz von Finanzderivaten auf die Unabhängigkeit der Beraterinnen und Berater zu achten ist. Bei einer Einschaltung von Kreditinstituten als externe Sachverständige könnte ein Interessenkonflikt entstehen, wenn sie als Berater und Marktpartner in einer Person den Kommunen gegenüberstehen. Dies ist bei der MAGRAL AG ausgeschlossen, da es sich um einen bankenunabhängigen Finanzdienstleister handelt.
Ausdrücklich sei an dieser Stelle erwähnt, dass es sich bei den Zinstauschverträgen um keinerlei Spekulation handelt. Durch die Bindung an das Grundgeschäft (die bereits laufenden Darlehen) erfolgt ausschließlich eine Absicherung der Zinsbindungsstruktur. Andernfalls wäre der Umgang mit Zinsverträgen gemäß Krediterlass des Landes Niedersachsen nicht zulässig.
Eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zum Einsatz von Zinssicherungsinstrumenten zur Zinssteuerung durch Kommunen existiert in den Gemeindeordnungen der Länder nicht. Allerdings besteht nach herrschender Meinung eine solche Kompetenz als Annex zu der Ermächtigung der Kommunen, Kredite aufzunehmen. Die Befugnis der Kommunen zur Aufnahme von Krediten ergibt sich zum einen aus § 120 NKomVG, zum anderen aus Art. 28 Abs. 2 GG. Gemäß Ziffer 1.12 des Krediterlasses von Niedersachsen (Erlass zur Kreditwirtschaft der kommunalen Körperschaften einschließlich ihrer Sonder- und Treuhandvermögen / RdErl. d. MI v. 13. 12. 2017 — 33.1-10245/1) dürfen Finanzderivate in der Regel nur zur Zinsabsicherung und nur im Rahmen des abgeschlossenen Kreditgeschäfts genutzt werden (zeitliche und inhaltliche Konnexität).
Grundsätzlich bedarf der Einsatz von Zinssicherungsinstrumenten eines Grundsatzbeschlusses des Gemeinderates.