Sachverhalt:
Aufgrund der Anfrage der Fraktion Bündnis ´90/Die Grünen vom 08. Februar 2023 zur
Umwandlung des städtischen Grundbesitzes in Erbbaurechte sollen hier zunächst
die Grundsätze zur Entstehung von Erbbaurechten sowie die Vor- und Nachteile bei
der Einräumung von Erbbaurechten aufgezeigt werden.
Ein Erbbaurecht gibt dem Berechtigten - sog. Erbbauberechtigter oder Erbbaurechtsnehmer - als besondere Form der Grundstücksbelastung das veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein mit dem Erdboden verbundenes Bauwerk zu haben.
Hierbei verschafft es dem Berechtigten das Eigentum am Bauwerk und besondere Nutzungsrechte am nicht bebauten, aber im Ausübungsbereich des Erbbaurechts liegenden Grundstücksteil. Eigentümer am Grundstück - sog. Stammgrundstück – bleibt der bisherige Grundstückseigentümer – sog. Erbbaurechtsausgeber -.
Das Erbbaurecht wird aufgrund eines Rechtsgeschäfts – Vertrag oder einseitige Erklärung des Grundstückseigentümers bei Eigentümererbbaurechten - begründet.
In dem Begründungsvertrag werden sowohl dingliche Rechte als auch schuldrechtliche Dauervereinbarungen geschlossen. Die rechtliche Grundlage für die Bestellung eines Erbbaurechts ist das Erbbaurechtsgesetz (ErbBauRG).
Die Bestellung von Erbbaurechten dient u. a. der günstigen Bereitstellung von Bauland und sowie der Stadtentwicklung und der Sozialpolitik.
Der Grundstückseigentümer behält das Eigentum am Grundstück und kann, bei der Vereinbarung einer Gegenleistung in Geld- oder Sachwert, Einnahmen generieren. Ferner behält der Grundstückseigentümer einen gewissen Einfluss auf die Weiterveräußerung an Dritte und die Belastung des Grundbesitzes über Veräußerungs- und Belastungszustimmungen sowie Heimfallgründe.
Der Erbbauberechtigte erhält die Möglichkeit, z. B. ein Wohnhaus oder ein Vereinsheim zu errichten, ohne das Baugrundstück käuflich erwerben und – bei Vereinbarung einer jährlich wiederkehrenden Geldleistung - in einer Summe einen zu zahlenden Kaufpreis aufbringen zu müssen.
Zwingende Voraussetzung für die Bestellung eines Erbbaurechts ist es, dass dinglicher Inhalt der vertraglichen Verhandlungen ein bestehendes oder zu errichtendes Bauwerk ist; wobei das Bauwerk nicht zwingend ein Gebäude sein muss.
Eine zeitliche Begrenzung für das Erbbaurecht ist nicht vorgeschrieben. Ein Erbbaurecht wird jedoch meist auf bestimmte Zeit geschlossen, üblicherweise für die Dauer von 50 bis 99 Jahren. Die Bestellung eines Erbbaurechts unter einer auflösenden Bedingung ist nicht zulässig.
Bei der Begründung des Erbbaurechts werden zwei Grundbücher angelegt; zum einen das Grundbuch für das Stammgrundstück, in dem das Erbbaurecht und ggf. weitere für den Erbbauberechtigten vorbehaltene Rechte (Vorkaufsrecht o. ä.) eingetragen werden. Zum anderen das Grundbuch für das Erbbaurecht, in dem der Erbbauzins dinglich gesichert wird und ggf. weitere dem Grundstückseigentümer vorbehaltene Rechte.
Zwingende Voraussetzung für die Begründung des Erbbaurechts ist, dass das Erbbaurecht im Stammgrundbuch an erster Rangstelle eingetragen werden kann. Dies kann dann zu Schwierigkeiten bei der Bestellung von Erbbaurechten führen, wenn die erste Rangstelle nicht zur Verfügung steht und die vorrangig eingetragenen Rechte (Wegerechte, Darlehen, Grundschulden, Nutzungsrechte etc.) nicht gelöscht werden können, weil der Berechtigte die Löschung oder den Rangrücktritt verweigert oder nicht bekannt ist. In diesem Fall ist die Bestellung des Erbbaurechtes nichtig.
Ein Erbbaurecht kann entgeltlich und unentgeltlich bestellt werden, ein Entgelt kann dabei als einmalige Leistung oder als wiederkehrende Geld- oder Sachleistung vereinbart werden. Üblicherweise vereinbaren die Vertragsparteien, dass der Erbbauberechtigte eine wiederkehrende Geldleistung, den sogenannten Erbbauzins, an den Grundstückseigentümer zahlen muss. Die Vereinbarung erfolgt überwiegend als jährliche Geldleistung. Der Erbbauzins orientiert sich dabei meist an der langfristig erzielbaren Verzinsung des zur Verfügung gestellten Grundstücks – in der Regel 5 – 8 % des Verkehrswertes des unbebauten Grundstücks. Der Erbbauzins kann einer Wertsicherung unterstellt werden.
Durch die Vereinbarung eines Erbbauzinses generiert der Erbbaurechtsausgeber – ggf. jährliche – Einnahmen, die im Falle der jährlichen Abrechnung auch jährlichen Arbeitsaufwand beinhalten, weiterer Arbeitsaufwand besteht bei der Berechnung von Preisanpassungen.
In dem Vertrag zur Bestellung von Erbbaurechten können schuldrechtliche Vereinbarungen mit dinglicher Wirkung getroffen werden, d. h. die Rechte und Pflichten gelten gegenüber dem jeweiligen Erbbauberechtigten.
Hierunter fallen:
- die Errichtung eines bestimmten Bauwerks,
- Vereinbarungen über die Instandhaltung des Bauwerkes und deren Kostentragung,
- Verwendungsbeschränkungen für das Bauwerk,
- Vereinbarungen über die Versicherung des Bauwerkes,
- Vereinbarungen über die Tragung öffentlicher und privatrechtlicher Lasten,
- Vereinbarungen über eine Verpflichtung des Erbbauberechtigten, das Erbbaurecht bei Eintritt
bestimmter Voraussetzungen an den Grundstückseigentümer zu übertragen (sog. Heimfall),
- Vorkaufsrechte für das Erbbaurecht und das Stammgrundstück zugunsten der jeweils
anderen Vertragspartei,
- Vereinbarungen über die Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Veräußerung und
Belastung des Erbbaurechts.
In der Vereinbarung der vorgenannten Rechte und Verpflichtungen liegen sowohl Vor- wie auch Nachteile für beide Vertragsparteien.
Der Erbbaurechtsausgeber behält eine – wenn auch beschränkte – Möglichkeit, den Grundbesitz wieder in sein Eigentum zu bringen, für den Fall der Weiterveräußerung oder Zwangsversteigerung sowie eine Überbelastung des Grundbesitzes, z. B. für den Heimfallanspruch, zu kontrollieren, wenn die Vereinbarung eines Vorbehalts der Belastungs- und/oder Veräußerungsgenehmigung vereinbart wird; wobei deren Kontrolle wiederum einen nicht unerheblichen Arbeitsaufwand für die Verwaltung bedeutet.
Hierin liegen auch die Nachteile für den Erbbauberechtigte. Durch die Vereinbarung von Vorkaufsrechten und das Erfordernis zur Zustimmung zur Veräußerung und Belastung kann es zu Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Kreditmitteln kommen. Eine Belastung kann bei Vereinbarung eines Heimfallanspruches nach aktueller Rechtsprechung nur in Höhe von 70 % des Verkehrswertes des Grundbesitzes (inkl. Zinsen und Nebenkosten für eine Laufzeit von 20 Jahren) erfolgen, wobei der aktuelle Verkehrswert bei Anfragen auf Zustimmung zur Veräußerung und Belastung jeweils erst zu ermitteln wäre.
Der Heimfall begründet den Anspruch des Grundstückseigentümers, bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen die Übertragung des Erbbaurechts auf sich oder auf Dritte. Voraussetzungen können sein
- die Verletzung einer erbbauvertraglichen Verpflichtung,
- Vermögensverfall,
- Zeitablauf.
Beim Heimfall bleiben Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und Reallasten bestehen, persönliche Haftungen des Erbbauberechtigten gehen auf den Grundstückseigentümer über. Ferner hat der Erbbauberechtigte einen Anspruch auf angemessene Vergütung des Erbbaurechts.
Auch die Vereinbarung von Vorkaufsrechte zugunsten des Grundstückseigentümers kann zu einer Erschwernis der Veräußerbarkeit des Erbbaurechts und der Erlangung von Kreditmitteln führen, da dies bei der Bewertung von Kaufpreis und Finanzierbarkeit jeweils Berücksichtigung finden muss.